Wer schon einmal auf Pferdesuche war kennt das Gefühl: Der große Moment ist da. Das Pferd passt soweit zu den Ansprüchen und ist optisch schon mal sympathisch.
Also geht es ans Probereiten. Da geht den meisten doch etwas die Flatter. Passt das Pferd zu mir? Ist es brav? Hält es, was der Verkäufer verspricht? Komme ich überhaupt mit dem Pferd zurecht?
Hier ein paar Tipps zum Probereiten, mit denen Sie das Wunschpferd vieleicht etwas besser beurteilen können.
Stallmanieren?
Versuchen Sie immer etwas vor dem vereinbarten Termin da zu sein, damit Sie sich schon mal im Stall umschauen können. Wie wohnt den das Pferd? Ist es in der Box freundlich und aufgewecktt?
Bestehen Sie darauf, beim Putzen und Satteln dabei zu sein. So sehen Sie, wie das Pferd drauf ist. Steht es brav ruhig oder ist es ein Zappelphillip? Lässt es sich brav satteln und trensen oder lauert ein Sattelzwang, der später viel Aufwand bedeutet?
Diese Dinge sagen Ihnen schon viel über das Pferd und auch darüber, wie der Vorbesitzer mt dem Pferd umgeht.
Tipp: Wirkt das Pferd aphatisch und reagiert kaum auf Menschen und Berührungen? Dann sollten Sie misstrauisch sein. Eventuell hat das Pferd Beruhigungsmittel bekommen. Oft lohnt sich auch ein Blick in die Tränke. Es ist ein beliebter Trick bei Betrügern, die Tränke einfach abzustellen. Mit genügend Durst ist jedes Pferd totenbrav – im wahrsten Sinne des Wortes.
Immer vorreiten lassen
Sie sollten sich die möglichen Kandidaten immer zuerst einmal vom Verkäufer vorreiten lassen. So können Sie beurteilen, wie sich das Pferd unter dem Reiter verhält. Außerdem haben Sie so Gelegenheit, sich die Gänge des Pferdes in Ruhe anzuschauen.
Dieses Vorgehen erspart Ihnen eventuell eine unsanfte Landung, weil Sie dann schon sehen, ob das Pferd Macken hat.
Dieses Vorreiten lassen gibt Ihnen auch die Gelegenheit, zu überprüfen, ob die Angaben zum Ausbildungsstand des Pferdes korrekt sind.
Hier ein paar Dinge auf die Sie dabei achten sollten:
- Geht das Pferd unter einem ihm bekannten Reiter locker und entspannt oder ist es guckig?
- Funktionieren die Lektionen auf Anhieb und sauber?
- Wie klappen die Grundlagen wie Übergänge und Halten?
- Muss der Reiter stark treiben oder hat er viel Spannung auf dem Zügel?
- Zeigt er bestimmte Sachen nur auf einer Hand? (eventuell nachfragen)
Der erste Ritt
Beim Probereiten kommt es nicht auf sportliche Höchstleistungen an, sonderen darauf, ob die Chemie zwischen Pferd und Reiter stimmt.
Achten SIe darauf, dass die Ausrüstung zu Ihnen passt. Ist der Sattel ihnen viel zu klein oder lassen sich die Bügel nicht ausreichend lang verschnallen, passt schon die Grundverbindung zum Pferd nicht – dann kann auch beim Proberitt kein realistisches Bild entstehen. Wer besondere Ansprüche an einen Sattel hat, sollte eventuell seinen eigenen Sattel einpacken und das Testpferd damit reiten, sofern der Sattel einigermaßen passt.
Lassen Sie es beim Reiten langsam angehen und lassen Sie sich auch nicht vom Verkäufer drängen. Testen Sie in Ruhe alle Grundgangarten und Lektionen, die Ihnen wichtig sind. Reiten Sie aber nur Sachen, bei denen Sie sich sicher sind, dass Sie sie beherrschen. Die Feinheiten in den Lektionen und der Abstimmung zwischen Pferd und Reiter kommen erst mit dem gemeinsamen Training. Beim Probereiten sollte die Grundchemie stimmen. Im Idealfall ist es draufsetzten und wohlfühlen. Denn dann verzeiht man einem Pferd kleinere Macken, die jedes Pferd nun mal hat.
Wollen Sie das Pferd springen, sollten Sie auch einen kleinen Sprung testen. Dabei kommt es gar nicht auf die Höhe an, sondern ob sich das Pferd brav regulieren lässt, willig springt auch kleinere Fehler vom Reiter verzeiht.
Nach Möglichkeit sollten Sie auch ein Stückchen ins Gelände reiten. Das muss nicht weit sein, soll Ihnen aber zeigen, wie das Pferd auf Umweltreize, etwa Autos oder Vögel reagiert.
Immer zweimal reiten
Stimmt die Chemie beim Probereiten, sollten Sie aber nicht sofort zuschlagen. Vereinbaren Sie lieber noch einen zweiten Termin mit dem Verkäufer, an dem Sie das Pferd dann von Anfang an selber reiten. So stellen Sie dann gleich fest, ob Ihnen das Pferd wirklich liegt.
Ein weiterer Vorteil: Das Pferd ist dieses Mal nicht schon abgeritten, sondern kommt direkt aus dem Stall oder von der Koppel. Sie können es also so reiten, wie Sie das auch später zu Hause tun werden. Testen Sie, ob Sie das Pferd selbstständig an den Zügel reiten können und ob die Durchlässigkeit auch am Anfang der Arbeit stimmt.
Meist ist man beim zweiten Ritt auch nicht mehr so angespannt und kann besser auf Feinheiten achten.
Gerade schwächere Reiter erleben beim zweiten Probereiten oft eine Überraschung. Das beim Bereiter und beim ersten Test brave, rittige Pferd ist plötzlich heftig, legt sich auf den Zügel oder ist faul. Denn ein starker Reiter der das Pferd abreitet, kann einen großen Unterschied bewirken. Da Sie das Pferd aber meistens alleine Reiten werden, sollten Sie sich mehr auf Ihren Eindruck beim zweiten Probereiten verlassen.
Damit haben Sie dann ein realistisches Bild von dem Pferd und können Ihre Kaufentscheidung auf einer besseren Basis treffen.
Eine neutrale Person mitnehmen
Wer ein Pferd kaufen will, hat die Qual der Wahl. Da man sich schnell in ein Pferd verguckt und dann einfach zugreift ohne genau abzuwägen, ist es sinnvoller eine neutrale Person mitzunehmen. Denn die Entscheidung für ein bestimmtes Pferd wirkt sich auf die nächsten Jahre Ihres Lebens aus – positiv oder negativ.
Fragen Sie einen Bekannten oder eine Bekannte mit Pferdeerfahrung, ob er Sie begleitet. Auch ein Reitlehrer oder Bereiter Ihres Vertrauens ist eine gute Wahl. Ihrer Begleitung schildern Sie im Vorfeld, was für ein Pferd Sie suchen. Also wie groß das Tier sein soll, wie alt und wofür geeignet. Der Begleiter soll ruhig Advocatus Diaboli spielen und Ihnen alle Nachteile und Schwächen des Pferdes aufzeigen. Dann haben Sie sich schon einmal damit beschäftigt und wissen was Sie sich eventuell nach Hause holen.
Stehen Sie dann beim Händler oder Züchter, soll Ihre Begleitung offen und ehrlich ihre Meinung sagen. So bekommen Sie weitere Argumente für oder gegen einen Kauf. Der Verkäufer hat aber ebenfalls eine Chance, Schwachstellen zu verbessern, etwa die Zähne kontrollieren zu lassen oder den Beschlag zu verbessern. Außerdem haben Sie so einen Zeugen für vom Händler gemachte Aussagen zum Pferd.
Passt das Pferd zu den Wünschen und auch das Bauchgefühl stimmt, fehlt nur noch das grüne Licht vom Tierarzt für das neue gemeinsame Glück. Mehr dazu erfahren Sie unter: Der Pferde-TÜV: Ist das Wunschpferd auch gesund?
Mein Kommentar
Pferdekaufen ist immer spannend. Man sucht lange in Anzeigen und im Internet. Über Bekannte und Händler kommt auch das eine oder andere Angebot rein und man muss sich entscheiden. Der erste Schritt, ist die Entscheidung, zu einem Pferd hinzufahren und es sich anzuschauen. Aber auch vor Ort kann noch viel schief gehen. So hatte ich schon angeblich turnierfertige, gut ausgebildete Pferde, die sich in der Praxis leider nicht links abwenden ließen, weil schon seit 3 Jahren keiner mehr drauf saß oder angeblich totenbrave Haflinger, die 30 Minuten lang alle Tricks ausprobiert haben um mich wieder los zu werden.
Umgekehrt gibt es aber auch gute Überraschungen. Pferde die sich viel besser präsentieren als vom Verkäufer beschrieben oder der Boxennachbar in den man sich spontan verliebt. Ich habe schon oft erlebt, dass es nicht das eigentlich anvisierte Pferd geworden ist, sondern das „Ich hätte da noch ….“.
Und dann ist da noch die Liebe auf den ersten Blick. Das war bei Macy so. EIgentlich habe ich einen Braunen oder Fuchs mit vielen Abzeichen gesucht, der schon was kann. Warum ich auf meiner Tour nach Norddeutschland einen Zwischenstopp in Kassel eingelegt habe um Macy anzuschauen weiß ich nicht genau. Er lag halt am Weg und das Bild war irgendwie sympatisch, aber er ist ein Falbe, praktisch ohne Abzeichen und war zu dem Zeitpunkt roh.
Das Pferd war jedenfalls sympatisch. Auf der Tour sind dann noch ein oder zwei ebenfalls geeignete Kandidaten aufgetaucht. Aber Abends im Bett habe ich mich dabei erwischt, dass ich im Geiste schon die passende Satteldecke für Macy ausgesucht habe. Also gab’s auf dem Rückweg noch mal einen Spontanbesuch bei Macy. Die Sympatie war immer noch da und ist es bis heute.
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